Christliche Märtyrer des 20. Jahrhunderts

Predigt von Klaus Neumeier über MLK


„Sehet, welch ein Mensch!“

 

So spricht Pontius Pilatus über Jesus Christus (Johannes-Evangelium 19,5). So schaue ich zu Beginn des Jahres 2022 auf Martin Luther King: Was für ein Mensch! Sein gewaltsamer Tod liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zurück, aber seine Wirkkraft ist geblieben. Er ist zum Symbol geworden für den Kampf gegen Rassendiskriminierung und ganz konkret gegen die Ungleichbehandlung der schwarzen Bevölkerung in den USA. Die war in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch sehr verbreitet – trotz erster Erfolge vor allem gegen die schwarze Sklavenarbeit schon im 19. Jahrhundert in der Zeit des ebenfalls deswegen ermordeten Präsidenten Abraham Lincoln. Zum Beispiel: Getrennte Parkbänke oder Busplätze für Schwarze: Das erinnert mich an die schlimmsten Zeiten Deutschlands und den Umgang damals mit Jüdinnen und Juden. Dagegen kamen bei uns die Amerikaner als Befreier von der nationalsozialistischen Ideologie – aber im eigenen Land herrschte auch Jahre später noch wie selbstverständlich blanker Rassismus; vor allem aber nicht nur in den Südstaaten, die schon zuvor gegen die Abschaffung der Sklaverei einen Bürgerkrieg geführt hatten.

 

Aber es gab mutige und charismatische Menschen – Martin Luther King steht für viele. Martin Luther King war evangelischer (baptistischer) Pfarrer und wurde schon von seinem Vater zu einem politischen und selbstbewussten Menschen geprägt. Mit seinen charismatischen Reden und seiner Ausstrahlung wurde er Vorkämpfer gegen die US-Apartheid. Jahrzehnte später wurde mit Barack Obama erstmals ein Schwarzer Präsident der USA, aber der Rassismus ist längst nicht aus der amerikanischen Welt verschwunden. „Black lives matter“ heißt es heute in den Vereinigten Staaten. Aber auch bei uns gibt es Ausgrenzung und Ausländerhass, Antisemitismus und Antiislamismus – alles Formen von Rassismus. Deswegen bleibt die Botschaft von Martin Luther King aktuell und wir widmen uns dem Friedennobelpreisträger von 1964 im ersten Halbjahr 2022 in besonderer Weise: Höhepunkt werden die großen Musicalaufführungen Anfang Juli sein. Auf dem Weg dahin gibt es Filme zur Apartheid, eine große Ausstellung im März, die Lesung einer jungen schwarzen Menschenrechtlerin, Kooperationsprojekte mit Kunstschulen und weiterführenden Schulen, eine Predigtreihe zu christlichen Märtyrern des 20. Jahrhunderts. Ja, Martin Luther King hat uns auch im 21. Jahrhundert und auch in Deutschland viel zu sagen. Wir wollen auf ihn hören.

 

… Wir wollen auf ihn hören als Christen. Martin Luther King lebte von der großen alttestamentarischen Hoffnung einer biblischen Gerechtigkeit am Ende der Zeiten: Alle Menschen sind gleichwertig, Gottes Schöpfung lebt in Frieden und Einklang miteinander. Die Täler sind erhöht und die Berge erniedrigt, weil die menschgemachten Unterschiede unbedeutend geworden sind. Was für eine Hoffnung! Was für eine unerfüllte Hoffnung bis heute. Wie John F. Kennedy und lange zuvor Abraham Lincoln wurde auch Martin Luther King von Feinden ermordet, die kein Interesse an einem gesellschaftlichen Ausgleich hatten. „I have a dream“ hat Martin Luther King in seiner berühmtesten Rede immer wieder gerufen und damit den Menschen die biblischen Traumbilder vor ihre Augen gemalt.

 

… Wir wollen auf Martin Luther King hören als politischen Menschen, der sich als Einzelner herausgerufen und beauftragt gesehen hat, seinen Teil für eine bessere Welt beizutragen. Sein Vater hat sich selbst und dann auch seinen Sohn Martin Luther King jr. nach dem deutschen Reformator benannt, der als Einzelner Großes bewirkt hat und der auch die besondere Verantwortung des Individuums vor Gott betont hat. Diese Namensgebung ist Programm: Du kannst etwas bewirken. Nutze deine Möglichkeiten konsequent. Zieh dich nicht in dein Privatleben zurück. Dein Glaube ist persönlich, ja, aber er ist nicht privat. Gott hat einen Auftrag für dich und einen Anspruch an dein Leben. Das galt für Martin Luther King und das gilt für jede und jeden von uns.

 

… Wir wollen auf Martin Luther King hören als gemeinschaftsorientierten Menschen. Er wollte nicht für andere ein Held sein, er wollte mit anderen unterwegs sein. „WE shall overcome“ wurde zur Hymne der Bewegung. Martin Luther King hat Menschen begeistert. Er hat aber vor allem Menschen motiviert. Hand in Hand mit anderen wollte er unterwegs sein. Jesus Christus selbst hat das mit seinen Freunden vorgelebt. Gerade in einer Zeit des Individualismus tut diese Erinnerung gut: Das Christentum ist Gemeinschaftsreligion wie Judentum und Islam auch. Wir dürfen gemeinsam glauben, hoffen, kämpfen und die Welt verändern – vermutlich nur ein klein wenig, aber doch immerhin das. 

 

Wir wollen auf Martin Luther King hören als vertrauensvoll Glaubenden, als politischen Kämpfer, als gemeinschaftlichen Netzwerker. Wir wollen auf Martin Luther King schauen und uns von seinem Leben inspirieren lassen, uns von ihm herausfordern und motivieren lassen zu einem lebendigen Christsein in unserer Zeit. Wir freuen uns, wenn Sie an vielen Stellen mit dabei sind. In dieser ZACK gibt es einen ersten Abriss von Veranstaltungen insbesondere in der Zeit bis Ostern – hoffentlich können sie, wie geplant, stattfinden. Aber auch in der Zeit zwischen Ostern und den Sommerferien wird es weitergehen und wir werden in den kommenden ZACK-Ausgaben, auf der Homepage, in der lokalen Presse und in ck-aktuell, unserem E-mail-Newsletter (Anmeldung über die Homepage www.ckbv.de) regelmäßig darauf hinweisen. Und das großartige Plakat auf dieser Titelseite der ZACK wird uns bei den kommenden Veranstaltungen begleiten. Friedemann Kuhl hat es gestaltet und dabei Kunst-Arbeiten von Schülerinnen und Schülern aus der 7. Klasse des Büchner-Gymnasiums mit aufgenommen, die unter der Leitung von Nicole Wächtler und Katharina Paech entstanden sind. Einige ausgewählte Arbeiten sind in dieser ZACK abgedruckt. Diese und weitere werden auch in der Ausstellung im März zu sehen sein. 

 

Klaus Neumeier